6 - Karl Marx - Leben und Werk [ID:9456]
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Ich grüße Sie ganz herzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zu dem 92. Geburtstag von Karl Marx

kann man wohl sagen, dass Marx, einer der größten Kritiker des Kapitalismus, im Kapitalismus angekommen

ist. Das heißt, in eine Ware verwandelt und zu einem Marketingobjekt, unter anderem zu einem

Marketingobjekt gemacht worden ist. Sie sehen, das hier ist jetzt vom Fremdenverkehrsamt Trier,

das mit Marx wirbt, um den Tourismus etwas anzukurbeln, einige Objekte, die sie dort erwerben

können, die den Charakter von Devotionalien haben. Devotionalien deshalb, weil Marx ja in Trier

geboren wurde, aber nicht gestorben ist und das Fremdenverkehrsamt sich nun den Gag hat ausgedacht,

nur das Geburtsdatum auf die Tassen und so weiter zu schreiben. Aber das Tod ist ja zu verschweigen.

Okay, auch wenn Marx im Kapitalismus angekommen ist, so wird man doch sagen müssen, dass die

sorgenvolle Mine des Bürgertums geblieben ist. Könnte es sein, dass Marx nicht, wie von Norbert

Blüm angenommen, tot ist? Jedenfalls nicht im übertragenen Sinne, dass möglicherweise an seinen

Theorien doch etwas dran ist, wie die Zeit etwas sorgenvoll vor einem Jahr getitelt hat. Das gibt

dem Bürgertum anders zur Sorge und entsprechend distanziert liegt es oft auf Marx. So schreibt

Thomas Piketty, der mit dem Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert völlig zu Recht einen Welterfolg

gelandet hat über Marx, über das Marxische Kapital. Das Kapital, Zitat, ist viel zu theoretisch und zu

spekulativ. Ich vorzuge stärker empirische und historische Forschung. Ich glaube, mein Buch lässt

sich besser lesen. Ich weiß nicht, ob es jemand von Ihnen gelesen hat. Wenn Sie es gelesen haben,

es ist sehr lesenswert. Er hat völlig Recht. Es stimmt, es lässt sich wirklich besser lesen und

es ist viel leichter verständlich. Tatsächlich ist es aber auch keine Kapitalismuskritik, sondern

eine Kritik an der Verteilung gesellschaftlichen Reichtums im Kapitalismus und entsprechend andere

Konsequenzen werden von Piketty aus seinen Überlegungen gezogen. Es geht nicht um eine

Abschaffung des Kapitalismus, sondern um eine durch Steuern regulierte Einhegung sozialer Ungleichheit.

Von der Wirtschaft, der Marx den Untergang prophezeit hat, hat man bis vor kurzem geglaubt,

dass der Kapitalismus und seine Prinzipien der Marktwirtschaft und des Liberalismus sich weltweit

durchgesetzt haben und der Sozialismus als ein Gegenmodell niedergerungen sei. Einige von

Ihnen werden Fukuyama kennen. Der hat das in sehr prägnante These zusammengefasst, nämlich in die

These vom Ende der Geschichte und diese These besagt nichts anderes, als dass sich eben der

Kapitalismus als Wirtschaftssystem weltweit durchgesetzt hat. Man hat, das ist nicht lange

her, das ist 30 Jahre her, angenommen, dass die sich auf marktbeziehenden politischen Umstürze

und Umsturzversuche, die ja das 20. Jahrhundert geprägt haben und deren Folgen wir noch lange im

21. Jahrhundert bearbeiten werden, dass diese Umstürze und Umsturzversuche also Geschichte sind.

Ganz so ist es nicht gekommen, wie Sie alle wissen oder inzwischen auch mitbekommen haben werden. Das

Blatt hat sich inzwischen, ich finde, sehr sehr deutlich gewandelt. Das gilt insbesondere für

die Zeit nach der großen Krise 2008, das hat sich aber schon vorher angebahnt. Ein Grund dafür wird

sein, dass der Kapitalismus sich weltweit eben nicht durchgesetzt hat. Ein anderer Grund, ich glaube

für uns im Westen viel wichtigerer Grund ist, dazu werde ich am Ende wieder zurückkommen, dass die

soziale Ungleichheit in eigentlich allen westlichen Staaten deutlich zugenommen hat. Für diesen Wandel

der Stimmung geht, wenn Sie sich überlegen, da gibt es eine ganze Reihe von Indikatoren, wenn Sie sich

überlegen, dass in Amerika ein Präsidentschaftskandidat für den demokratischen Wahlkampf

ernsthaft in diesem Wahlkampf auftreten kann, mit einem originären sozialdemokratischen Programm,

dann ist das eigentlich ein Novum. Das hat es vorher so nicht gegeben und Sie alle wissen ja,

dass Bernie Sanders lange in diesem Wahlkampf, viel länger als man erwartet hat, gegen Clinton hat

bestehen können. Anderes Indiz dafür, dass sich die Stimmung deutlich gewandelt hat, sind immer

wieder aufpoppende Gegenbewegungen. Sie sehen auf der Folie ein Foto von Occupy Wall Street.

Dear 1%, we fell asleep for a while, just woke up, sincerely the 99%. Das war eine von den wichtigen,

inzwischen etwas zurückgegangenen Gegenbewegungen in den USA nach der großen Krise. Nicht zuletzt,

letztes Indiz, man kann an den Universitäten, nicht nur an den Universitäten, aber auch an

den Universitäten feststellen, dass es zu einem Boom von Marx-Lesekreisen gekommen ist. Gibt es

bei uns am Institut auch, ist eine ganz tolle Sache. Junge Studierende setzen sich zusammen,

kriegen keine Leistungspunkte dafür oder so was, setzen sich zusammen und lesen das Kapital und

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:46:32 Min

Aufnahmedatum

2018-06-28

Hochgeladen am

2018-07-24 11:38:14

Sprache

de-DE

Karl Marx war nicht nur einer der wichtigsten Analytiker des Kapitalismus, sondern Teil des politischen Kampfes für eine andere Gesellschaftsordnung im 19. Jahrhundert. Der Vortrag zeichnet wesentliche Stationen im Leben von Marx nach und führt in den Kontext der Entstehung wichtiger Werke ein.

Tags

Jahrhundert Marx Kapitalismus Gesellschaftsordnung Leben Werke Karl 19.
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